Tatort Glashaus Rezi im Buecherhaus

Tatort Glashaus: Krimi von Walther Stonet

Rezension von Manuela Hahn, Buchbloggerin von Das Bücherhaus

Mein erstes Buch von Walther Stonet und hätte ich nicht gewusst, dass es sich bei Tatort Glashaus um den ersten Band der Reihe um Kriminalhauptkommissar Tankred-Jürg Graf Brühlsdorf handelt, hätte ich wirklich vermutet, wieder einmal mitten in eine bestehende Reihe geraten zu sein. Aber sowohl der Charakter des Kriminalhauptkommissar Tankred-Jürg Graf Brühlsdorf seine Beziehung zur Oberstaatsanwältin Isodora Clementelli und die Geschehnisse in der Vergangenheit sind fließend in die aktuelle Handlung eingefügt.

Brühlsdorf ist aufgrund schwerer Verletzungen, die er sich im Dienst zugezogen hat, beurlaubt. Doch noch belastender als die körperlichen Wunden sind die seelischen: Die Liebe seines Lebens kam bei jenem Einsatz ums Leben, bei dem er selbst lebensgefährlich verletzt wurde – sie hatte versucht, ihn zu schützen.

Brühlsdorf stammt aus altem, vermögendem Adel und lebt in einer großzügig ausgestatteten Villa in Tübingen. Dort stehen ihm unter anderem ein eigener Fitnessraum zur Verfügung, in dem er gemeinsam mit einem engen Freund – einem Computergenie – von einem Physiotherapeuten behandelt wird, sowie ein Konferenzraum mit hochmoderner Technik, die den Stand in den Polizeidienststellen bei Weitem übertrifft.

Die Oberstaatsanwältin Isodora Clementelli bittet Brühlsdorf um Unterstützung in einem aktuellen Mordfall und stellt ihm ein Team zur Seite, das von seiner Nachfolgerin Frederike (Rieke) Bechtel geleitet wird. Gemeinsam sollen sie den Tod einer jungen Frau aufklären, der offenbar mit den Ereignissen in Verbindung steht, bei denen Brühlsdorfs damaliges Team fast vollständig ausgelöscht wurde. Isodora hatte eine persönliche Beziehung zur und wird dadurch durch die kalabrischen Mafia – der ’Ndrangheta, die hinter den aktuellen Entwicklungen steht, erpressbar.

So, genug verraten.

Walther Stonet hat mit Brühlsdorf eine Ermittlerfigur geschaffen, die trotz Schicksalsschlägen nicht aufgibt und nur gelegentlich hadert – und wenn, dann auf eine Weise, die nicht störend wirkt. Ich persönlich finde wenig anstrengender als Ermittlerfiguren, die sich endlos im Selbstmitleid verlieren – das ist hier zum Glück nicht der Fall.

Ein Großteil der Ermittlungsarbeit findet am Computer statt – hier spürt man deutlich die IT-Affinität des Autors. Das hätte trocken oder technisch überladen wirken können, wurde von Stonet aber lebendig und spannend umgesetzt. Selbst Szenen, die sich stark auf digitale Recherche stützen, bleiben nachvollziehbar und interessant.

Die Handlung bleibt durchgehend spannend, und die Darstellung der mafiösen Strukturen ist so klar und gut eingebettet, dass ich als Leserin einen  Einblick in die Arbeitsweise der ’Ndrangheta erhalten habe. Besonders gelungen finde ich, wie überzeugend die Bedrohung durch die Mafia in den süddeutschen Raum übertragen wird – ich hätte nicht erwartet, dass Städte wie Tübingen, Nürtingen, Reutlingen oder Metzingen so glaubhaft zum Schauplatz organisierter Kriminalität werden können.

Gerade diese Schauplatzwahl hat für mich einen besonderen Reiz ausgemacht. Da ich in der Nähe lebe und die Orte gut kenne, war es besonders spannend, sie einmal aus einer anderen, düsteren Perspektive zu erleben. Es ist beeindruckend, wie Stonet es schafft, vermeintlich vertraute, unspektakuläre Orte mit einer spürbaren Spannung aufzuladen. Das verleiht der Geschichte nicht nur Authentizität, sondern auch eine besondere Nähe. Für mich hat das den Lesegenuss spürbar gesteigert und dem Krimi eine eigenständige, regionale Prägung verliehen.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Oertel+Spörer
  • Erscheinungstermin ‏ : ‎ 26. Juli 2022
  • Auflage ‏ : ‎ 1. Auflage
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe ‏ : ‎ 416 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3965551213
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3965551213

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